Schwieriges Umfeld, aber verbesserte Stimmung für Gewerbe und Handwerk

Konsumnahe Branchen mit positiven Erwartungen, baunaher Bereich noch unter Druck. Sparte fordert „Bürokratie-Stopp“ – Belastung kostet jedes Jahr 4,3 Mrd. Euro bzw. 70 Mio. Arbeitsstunden. 

 

 71 Prozent der Betriebe im Gewerbe und Handwerk klagen, dass die Belastungen durch Bürokratie in den vergangenen drei Jahren zugenommen haben. Für knapp 29 Prozent blieb alles unverändert, eine Entlastung spüren nur verschwindende 0,4 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Befragung, die KMU Forschung Austria im Auftrag der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) durchgeführt hat. Der durch bürokratische Auflagen verursachte Aufwand ist beträchtlich: Die Gesamtkosten für das Gewerbe und Handwerk belaufen sich auf 4,3 Milliarden Euro pro Jahr. Es müssen dafür jedes Jahr rund 70 Millionen Arbeitsstunden aufgewendet werden. Das entspricht 42.190 Vollzeit-Arbeitsstellen oder 6,6 Prozent der gesamten Personalkapazität.

 

Bürokratie-Stopp als Konjunkturpaket

„Die große Stärke unserer Betriebe ist der Servicegedanke und die Nähe zu den Kundinnen und Kunden: Wir möchten unsere Arbeit machen und uns um die Menschen kümmern können, nicht um Formulare. Wir fordern deshalb einen Bürokratie-Stopp“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Umfrage zeigt zudem, dass überbordende Bürokratie den Fachkräftemangel verschärft, die Inflation anheizt, Investitionen hemmt und Innovation behindert. Ein Zurückfahren des Mehr-Aufwandes um nur 10 Prozent könnte die Betriebe um 430 Mio. Euro Kosten pro Jahr entlasten und 4.200 Vollzeitkräfte für produktive Tätigkeiten freispielen. „Ein effektiveres und günstigeres Konjunkturpaket ist gar nicht vorstellbar“, betont Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz.

 

Minus im ersten Quartal 2024

Der Zeitpunkt wäre goldrichtig: Die Konjunkturbeobachtung von KMU Forschung Austria zeigt nämlich, dass sich das Gewerbe und Handwerk weiterhin in einem schwierigen Umfeld befindet. So wurde im ersten Quartal 2024 im Gewerbe und Handwerk ein Auftrags- bzw. Umsatzminus von nominell -3,6 Prozent erwirtschaftet. Unter Einrechnung der gestiegenen Preise ergibt das einen realen (mengenmäßigen) Rückgang von -8,1 Prozent. Besonders groß fiel das Minus in stark von der Baukonjunktur abhängigen, investitionsgüternahen Branchen aus, etwa im Holzbau oder der Metalltechnik.

 

Stimmung verbessert

Die Erwartungen haben sich – eher unüblich im Übergang vom zweiten auf das dritte Quartal – aufgehellt. Auch hier ist das Bild noch zweigeteilt: Die konsumnahen Branchen sind optimistischer - die Betriebe, die Umsatzsteigerungen erwarten, überwiegen um einen Prozentpunkt. Bei den investitionsgüternahen Betrieben ist dieser Saldo noch negativ (-15 Prozentpunkte), allerdings besser als im Vorquartal (-23 Prozentpunkte). „Die Richtung stimmt, es geht bergauf. Aber wir sind noch nicht über den Berg“, betonte Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster. Sie appelliert an die Bundesländer, das Wohnbaupaket der Regierung rasch umzusetzen, sodass die Förderungen und Zuschüsse noch heuer bei Bauwerbern und Wohnbaugesellschaften ankommen.